Page 6 - ZBI-Nachrichten 5-6/2017
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Ingenieure in der Wirtschaft
Deutschland braucht Ankerstädte
Wohnungswirtschaft und Bundesstiftung Baukultur fordern neue Gemeinschaftsaufgabe
„Ländliche Räume“
B oomende Großstädte auf der über Fach- und Arbeitskräftemangel, städte. Diese gilt es, strukturell zu
einen, abgehängte Abwan -
stärken und baukulturell aufzuwer-
der sich aufgrund der Abwanderung
derungsregionen auf der ande-
ren Seite. Die Unterschiede zwischen beständig verschärft. Die Entleerung ten“, erklärte Nagel. Darunter sind
ländlicher Räume lässt sich also nicht
diejenigen Städte zu verstehen, die
Stadt und Land werden in Deutsch - mit dem oft beschworenen Dreiklang ihre his torische Funktion als zentraler
land immer größer. Die gleichwerti- von Arbeitslosigkeit, Armut und Ab - Han dels-, Kommunikations- und Be -
gen Lebensbedingungen stehen bun - wanderung erklären. Ursache ist vor geg nungsraum in den vergangenen
desweit auf dem Spiel. „Um die Le - allem eine Spätfolge der demografi- Jahr zehnten erhalten und ausgebaut
bens qualität in Deutschland flächen- schen Entwicklung: Die infolge des haben.
deckend und langfristig zu sichern, Pillenknicks schwächer besetzten Ge -
brauchen wir eine neue Bund-Länder- burtsjahrgänge seit den 1970er Jah -
Polyzentralität zum Leitbild
Gemeinschaftsaufgabe ‚Ländliche ren waren die ersten, die sich in den
Räume‘“, erklärte Axel Gedaschko, sogenannten Schwarmstädten kon- machen, Ortskerne stärken,
Präsident des Spitzen verbandes der zentriert haben, wodurch die Dich te aktive Bodenpolitik fördern
Wohnungswirtschaft, bei einer Pres - an Gleichaltrigen annähernd gleich-
„Polyzentralität muss in Deutschland
se konferenz zum Auf takt des Tages mäßig über Deutschland gesunken
zum Leitbild werden“, forderte Ge -
der Wohnungs wirt schaft in Berlin. ist. In den Schwarmstädten herrscht
daschko. „Wohnstandorte sind lang-
Hierfür sei auch eine gut ausgestatte- dagegen Urbanität, Vielfalt, Dichte
fristig nur attraktiv, wenn die Ver -
te Städtebauförde rung mit starker und Lebendigkeit. Die Folge ist auch
sorgung mit Einkaufsmöglichkeiten,
wohnungswirtschaftlicher Kompo - ein neues Pendlermuster: morgens
die medizinische Infrastruktur, kultu-
nente notwendig. „Ziel einer neuen aus der Schwarmstadt zum Arbeits -
relle Einrichtungen und Bildungsan -
Raumordnungspolitik muss es sein, platz und abends wieder hinein.
gebote vorhanden sind.“ Dafür müs-
stabile Mittelstädte in ganz Deutsch -
„Um die demografische Spaltung sten Raumordnung und Regional -
land zu identifizieren und diese durch
Deutschlands, schrumpfende Einwoh - planung neu ausgerichtet und ge -
ein attraktives Orts- und Stadtbild zu
nerzahlen in ländlichen Räumen und stärkt werden. „Wir brauchen geeig-
zukunftsfähigen An kerstädten zu
den Verlust der regionalen Kultur zu nete Förderstrukturen, um die Attrak -
machen“, fügte Reiner Nagel, Vor -
verhindern, brauchen wir Anker - tivität der Abwanderungsregionen zu
standsvorsitzender der Bun desstif -
tung Baukultur, hinzu. Diese Anker -
städte seien als zentrale Wohn-,
Handels- und Kommunika tions stand -
orte mit Ausstrahlwirkung auf ihr Deutschland
Umland grundlegendes Ele ment für
das Entstehen nachhaltig le bendiger
Wohn- und Lebensstand orte.
Demografische Spaltung
Deutschlands verhindern –
Ankerstädte stärken
Abwanderung insbesondere junger
Menschen betrifft praktisch flächen-
deckend alle ländlichen Räume in
Deutschland. Und das, obwohl die
schrumpfenden Regionen heute in
weiten Teilen durchaus wirtschaftlich
stark sind und verbreitet eine arbeits- © Bundesstiftung Baukultur, Design: Heimann und Schwantes
marktbedingte Abwande rungsnot -
wendigkeit nicht existiert. Vielmehr
klagen die dortigen Unternehmen Quelle: GdW / Bundesstiftung Baukultur
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