Page 9 - ZBI-Nachrichten 5-6/2017
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Ingenieure in der Wirtschaft



            IW-Konjunkturumfrage und -prognose:
            Fachkräftemangel bremst Wachstum






         D       ie  deutsche  Wirtschaft  kann  Fast  die  Hälfte  der  Firmen  geht  von  Konjunkturdynamik könnte noch stär-
                 momentan wenig aufhalten –
                                             einer steigenden Produktion in 2018
                                                                                ker sein, doch der Mangel an gut aus-
                 weder die Brexit-Verhandlun -
                                             aus,  nur  9  Prozent  erwarten  einen
                                                                                gebildeten  Fachkräften  bremst  die
          gen noch Donald Trump. Das Institut  Rück  gang.  Der  Saldo  aus  positiven  Unternehmen.  Viele  arbeiten  bereits
          der  deutschen  Wirtschaft  Köln  (IW)  und negativen Meldungen liegt somit  am Limit – gut ein Drittel spricht sogar
          rechnet  daher  mit  einem  robusten  leicht über den Werten vom Frühjahr  von einer Überauslastung. 47 Prozent
          Wachstum von zwei Prozent im kom-  2017.                              der  Firmen  bestätigen,  dass  fehlende
          menden  Jahr.  Fehlende  Fachkräfte                                   Fachkräfte die Produktions möglich kei -
                                             Auch  die  Investitionen  ziehen  derzeit
          werden  aber  immer  mehr  zu  einer                                  ten  begrenzen.  Unter  den  Betrie ben,
                                             weiter  an:  Für  2018  erwarten  42
          hausgemachten Wachstumsbremse.                                        die  bereits  eine  Überauslastung  fest-
                                             Prozent  der  Firmen  höhere  Inves -
                                                                                stellen,  sprechen  sogar  zwei  Drittel
          In den vergangenen Monaten hat sich  titionen als in diesem Jahr. 11 Prozent
                                                                                von  einem  Fachkräftemangel.  Das
          die  deutsche  Wirtschaft  besser  ent-  gehen  von  niedrigeren  Investitionen
                                                                                Fehlen von qualifizierten Mit arbeitern
          wickelt  als  von  vielen  vermutet.  Zu  aus. Die gut laufenden Geschäfte, be -
                                                                                hemmt zudem die Investi tions anreize:
          zahlreich  schienen  noch  im  Frühjahr  günstigt  durch  den  weiter  anziehen-
                                                                                „Die Unternehmen würden in Deutsch -
          die globalen Risiken. Doch das Brutto -  den Export, stärken auch den Arbeits -
                                                                                  land mehr in Sach kapital und Techno -
          inlandsprodukt wird 2017 um gut 2¼  markt:  41  Prozent  der  Unter neh men
                                                                                logie  investieren,  wenn  sie  mehr
          Prozent zulegen. Und das dürfte auch  wollen  im  kommenden  Jahr  ihr  Per -
                                                                                Fachkräfte in den meis ten Wirt schafts -
          erstmal  so  weitergehen,  glaubt  die  sonal aufstocken. Nur 10 Pro zent pla-
                                                                                bereichen  zur  Ver fügung  hätten“,
          Mehrheit  der  knapp  2.900  im  Rah -  nen  mit  weniger  Mitarbeitern.  Die
                                                                                sagt IW-Direktor Michael Hüther.
          men  der  IW-Konjunkturumfrage  be -  Zahl  der  Beschäftigten  wird  2018
          fragten Unternehmen.               knapp  45  Millionen  erreichen.  Die                          (iw)
          Demografischer Wandel: Zuwanderung ist nötig


         D       eutschland,  Österreich  und  der  wanderungsbereiten  EU-Bürger  sagt IW-Ökonom Wido Geis. So sollen
                 die Schweiz müssen sich stär-
                                                                                Fachkräfte mit guten Perspektiven am
                                             mittelfristig nicht ausreichen, um die
                 ker  um  Fachkräfte  aus  dem
          Ausland bemühen. Zu diesem Ergeb -  wirtschaftliche  Leistungsfähigkeit  zu  deutschen  Arbeitsmarkt  auch  dann
                                             bewahren.  Auch  die  Flüchtlingszu -
                                                                                ein Visum erhalten können, wenn sie
          nis  kommt  eine  gemeinsame  Studie  wanderung  der  letzten  Jahre  deckt  noch keine Stellenzusage haben und
          des Instituts der deutschen Wirtschaft  den  Bedarf  auf  dem  Arbeitsmarkt  auch kein Privatvermögen besitzen.
          Köln  (IW),  der  österreichischen  In -  nicht,  da  die  meisten  Flüchtlinge  –
                                                                                Darüber  hinaus  fordern  die  Studien -
          dustriellenvereinigung  (IV)  und  von  nach  europäischen  Standards  –  nur
                                                                                autoren, die Erwerbstätigkeit bisheri-
          Avenir Suisse. Die konkreten Lösungs -  geringqualifiziert  sind  und  kaum
                                                                                ger Zuwanderer noch stärker zu för-
          wege  unterscheiden  sich  je doch  in  Sprachkenntnisse mitbringen.
                                                                                dern  –  insbesondere  die  von  Flücht -
          den drei Ländern.
                                             Um  gezielt  die  Zuwanderung  von  lingen. Da in Deutschland, Österreich
          Angesichts des demografischen Wan -  Fach kräften  aus  Drittstaaten  außer-  und  der  Schweiz  Geringqualifizierte
          dels  müssen  Deutschland,  Österreich  halb  der  EU  und  EFTA  zu  fördern,  deutlich  schlechtere  Chancen  auf
          und die Schweiz ihre Zuwande rungs -  braucht  es  neue  Strategien.  In  dem Arbeitsmarkt haben, ist es wich-
          politik  neu  ausrichten.  Das  geht  aus  Deutsch land, wo der Anteil der Nicht-  tig,  dass  möglichst  viele  von  ihnen
          der Studie hervor, die im Rahmen des  EU-Ausländer  unter  den  Beschäftig -  berufliche  Abschlüsse  erwerben.  Zu -
          traditionellen  Dreiländertreffens  der  ten mit 4,9 Prozent noch geringer ist  dem  sollten  im  Ausland  erworbene
          Institute  entstanden  ist.  Zwar  haben  als in Österreich (6,1 Prozent) und der  Qualifikationen  häufiger  anerkannt
          alle drei Länder in der Vergangenheit  Schweiz (6,9 Prozent), betrifft das vor  werden.  „Der  Erfolg  der  Flüchtlings -
          von  einer  starken  Arbeitskräfte zu -  allem  das  Zuwanderungsrecht.  „Für  integration  ist  entscheidend  für  die
          wanderung aus EU-Staaten profitiert.  ausländische  Fachkräfte  mit  guten  Offenheit der Bevölkerung gegenüber
          Doch aufgrund der europaweit niedri-  Arbeitsmarktperspektiven  muss  sich  Zuwanderung“, so Geis.
          gen  Geburtenraten  dürfte  die  Zahl  Deutschland  noch  stärker  öffnen“,                       (iw)


          zbi nachrichten 5/6-17                                                                             9
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