Der Bundestagsausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen hat am Mittwoch (8. Oktober) den sogenannten Bau-Turbo beschlossen. Für den von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung (21/781neu) stimmten in der von der Vorsitzenden Caren Lay (Die Linke) geleiteten Sitzung die Koalitionsfraktionen von Union und SPD, während die Oppositionsfraktionen AfD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke den zuvor noch von der Koalitionsmehrheit in mehreren Punkten geänderten Entwurf ablehnten. Mehrere Änderungs- und Entschließungsanträge der Oppositionsfraktionen wurden abgelehnt.
Die CDU/CSU-Fraktion sprach von einem ganz wichtigen Gesetz. Es würden jetzt die Rahmenbedingungen geschaffen, dass mehr, schneller und kostengünstiger gebaut werden könne. Dafür sei der Bau-Turbo ein wichtiger Baustein. Mit dem Paragrafen 246e werde den Kommunen jetzt die Möglichkeit gegeben, von den Regelungen des Baugesetzbuches abzuweichen. Es sei wichtig, die Kommunen im Boot zu haben. Denn die Kommunen träfen die Entscheidung, ob und wie sie den Bau-Turbo anwenden. Auf aufwändige Planverfahren könne verzichtet werden. Der Entwurf enthalte außerdem eine Genehmigungsfiktion, wonach nach drei Monaten von einer Genehmigung ausgegangen werden solle, wenn die Gemeinde nicht widerspreche. Diese Frist war aufgrund von Empfehlungen der kommunalen Spitzenverbände in der öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf von ursprünglich zwei auf drei Monate verlängert worden.
Auch bei den Lärmschutzregelungen seien Änderungen vorgenommen worden, erklärte die CDU/CSU-Fraktion. Mit der TA Lärm könne flexibler umgegangen werden, was einen wirklichen Qualitätssprung darstelle. Es dürfe jetzt auch in zweiter Reihe gebaut werden, und Supermarkt-Gebäude könnten aufgestockt werden. Die kommunale Planungshoheit werde jedoch gewahrt. Der Bau-Turbo sei auf fünf Jahre befristet. Die Zeit müsse für eine große Novelle des Baugesetzbuches genutzt werden, erklärte die CDU/CSU-Fraktion.
Auch die SPD-Fraktion betonte, mit dem Bau-Turbo werde der Grundstein für bezahlbares Wohnen gelegt. Die Beschaffung von Bauflächen für Wohnraum werde erleichtert, Planungs- und Genehmigungsprozesse würden beschleunigt, Vorschriften würden begrenzt. Die Kommunen würden gestärkt. Druck auf die Kommunen werde nicht ausgeübt. Sie hätten die Entscheidungshoheit, ob sie einem Projekt zustimmten oder nicht. Besonders hob die SPD-Fraktion hervor, dass es durch die Änderungen jetzt möglich werde, auch gesundheitsnahe Einrichtungen und Einrichtungen zur Deckung des täglichen Bedarfs zu bauen. Damit werde es lebendige Quartiere geben, und der Bau von Schlafstädten werde verhindert.
Die Fraktion Bündnis 90/Grüne sprach sich für sinnvolle Vereinfachungen der Planungsverfahren aus. Der Bau-Turbo wurde abgelehnt, weil er Fehlentwicklungen mit sich bringe. Stattdessen müsse bezahlbarer und klimagerechter Wohnraum geschaffen werden. Der neue Paragraf 246e müsse gestrichen werden, weil er Spekulation und einen weiteren Anstieg der Bodenpreise fördere. Flächenfraß werde begünstigt, und die Kommunen würden unter Druck gesetzt. Planungen mit der Brechstange würden bestenfalls zu einer Erhöhung der Zahl der Bauanträge führen, aber nicht zu mehr Wohnraum. Die Lösung liege nicht in der ungezügelten Ausweisung neuer Baugebiete, sondern im intelligenten Umgang mit dem Immobilienbestand.
Für die Fraktion Die Linke geht der Bau-Turbo in die völlig falsche Richtung. Es werde dadurch keine öffentlich festgelegten Mietpreise geben, sondern es werde das Diktum des Marktes gelten. Die Mietenkrise werde weiter angeheizt genauso wie die Bodenspekulation. Die Zersiedelung an den Stadträndern sei ein riesiges Problem. Gebraucht werde vielmehr eine „Umbau-Wende“. Denn es werde im großen Stil das Falsche gebaut, erklärte die Fraktion Die Linke mit Blick auf immer mehr ungenutzte Büroflächen. Kritisiert wurde auch, dass die Koalition mit ihrem Änderungsantrag eine „weitgehende Militarisierung des Baurechts“ festschreibe. Das wurde von einem Sprecher der SPD-Fraktion zurückgewiesen.
Die AfD-Fraktion bezweifelte, dass der Bau-Turbo zu großen Ergebnissen führen werde. Der Gesetzentwurf sei in Wirklichkeit „heiße Luft“. Die Regierung müsse die Frage beantworten, wie sie die Baukosten senken wolle. Auf Einkaufszentren Wohnungen draufzusetzen, werde schon aus statischen Gründen nicht funktionieren. Die Mietpreiskrise sei hausgemacht, erklärte die AfD-Fraktion. Die steigenden CO2-Abgaben würden im Ergebnis zu einer weiteren Erhöhung der Mietkosten führen.
Quelle: Deutscher Bundestag