VK ZBI MdB Stein prvwZum Thema Ingenieurmangel in den öffentlichen Verwaltungen sprach kürzlich der ZBI mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Mathias Stein, der Mitglied im Verkehrsausschuss ist und dort für die Themen Rad- und Fußverkehr, Binnenschifffahrt, WSV, Straßenverkehrsrecht und Verkehrssicherheit verantwortlich ist. Der ZBI wies darauf hin, in allen Verwaltungen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene fehlen qualifizierte Ingenieurinnen und Ingenieure. Beispielsweise sind bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) zzt. ca. 13 Prozent aller Stellen unbesetzt. Aus Sicht des ZBI ist dies exemplarisch auch für andere Verwaltungen. Hier gibt es insbesondere im Binnenbereich massive Probleme. Nach Auffassung des IWSV - Ingenieurverband Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung e. V., der Mitglied im ZBI ist, wäre u. a. eine Möglichkeit, das Bewerbungsverfahren für die Einstellung von Ingenieurinnen und Ingenieuren noch mehr als bisher zu flexibilisieren und wesentlich zu vereinfachen.

Der ZBI plädiert dafür, den Ingenieurberuf in den öffentlichen Verwaltungen nachhaltig und dauerhaft attraktiver zu machen, um im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft konkurrenzfähig hinsichtlich der besten Fachkräfte zu sein. Zudem müssen ausreichende Ressourcen - sowohl finanziell als auch stellenmäßig - bereitgestellt werden. Laut einer aktuellen Studie dieses Jahres gab es im letzten Quartal des Jahres 2022 insgesamt 170.300 offene Stellen für Ingenieurinnen und Ingenieure. Dies sind 21,6 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Dem gegenüber standen lediglich gut 36.000 Arbeitslose, die eine ingenieurwissenschaftliche Qualifikation besitzen. Eine Maßnahme dem gegenzusteuern wäre nach Ansicht des ZBI die MINT-Fächer in den Schulen noch mehr zu stärken, die u. a. die Grundlage für ein erfolgreiches Ingenieurstudium sind. Das beinhaltet auch die Forderung nach einem verstärkten Lehrkräfteangebot in diesem Bereich. Hier sollte beispielsweise das Potenzial von Quereinsteigern unbürokratisch noch mehr ausgeschöpft werden.

Mathias Stein: Das Beibehalten einer streng hierarchischen Verwaltungsstruktur führt zu Ineffizienzen und Zeitverlusten etwa bei Stellenbesetzungsverfahren oder Nachträgen bei Bauvorhaben. Als Gesetzgeber versuchen wir schon länger, Planungsverfahren durch Gesetzesinitiativen zu beschleunigen. Den an der Planung und Genehmigung Beteiligten wurden darin recht große Ermessensspielräume durch sogenannte „Kann“-Bestimmungen eingeräumt. In der Praxis beobachten wir jedoch, dass diese kaum genutzt werden, Verantwortung häufig nach oben abgegeben und alle Eventualitäten abgesichert werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ziehen sich häufig auf das zurück, was „interpretationsfrei“ ist. Mit dieser Angst gewinnen wir weder Zeit noch Qualität. Dieses Verhalten muss bei zukünftigen Gesetzesvorhaben mitgedacht werden.

Zugleich sollten wir uns den Grund für das Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewusst machen: die unzureichende Fehlerkultur innerhalb der Behörden, die Angst vor Regress und ein zum Teil tiefes Misstrauen gegenüber Vorhabenträgern, Firmen und den Bürgerinnen und Bürgern. Wir brauchen einen Wechsel hin zu einer positiven Fehlerkultur und mehr Mut zu Entscheidungen sowie eine positive Vertrauenskultur. Ein solcher Kulturwandel muss in der öffentlichen Verwaltung von der Leitungsebene getragen werden, damit die Beschäftigten mutiger entscheiden im Vertrauen darauf, von ihren Führungskräften bestärkt zu werden, statt Karriereknicks oder persönliche Haftung bei Fehlentscheidungen befürchten zu müssen.