Die Baubranche hat die von der Bundesregierung geplante Einführung neuer Baustatistiken begrüßt. „Die uns bisher vorliegenden Konjunkturindikatoren geben uns keine ausreichenden Informationen über die tatsächliche Bautätigkeit im Hochbau, insbesondere im derzeit schwer gebeutelten Wohnungsbau“, erklärte Tim-Oliver Müller vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen am Montag. In der Anhörung ging es um den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Hochbaustatistikgesetzes (20/11315). Die Bundesregierung will damit Daten über das Baugeschehen in kürzeren Abständen erheben und zudem eine neue Statistik über den Beginn von Baumaßnahmen einführen. Ziel ist es, über kurzfristige Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt besser informiert zu werden und aus den erkannten Entwicklungen Schlüsse für die Wohnungspolitik ziehen zu können.
Müller wies darauf hin, in den vergangenen Jahren habe es eine deutliche Abkoppelung der Anzahl der Baufertigstellungen von der Anzahl der Baugenehmigungen gegeben. Die Baugenehmigungen seien zwar erteilt worden, die Baufertigstellung habe sich aber immer weiter verzögert oder die Bautätigkeit sei ganz entfallen. Gründe seien spekulatives Verhalten der Investoren, Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft und stark gestiegene Baukosten. „Eine Statistik über die Baubeginne wäre somit der einzig richtige Frühindikator für die Analyse der konjunkturellen Entwicklung in der Baubranche, insbesondere im Wohnungsbau“, so Müller. Auch Michel Durieux (Zentralverband Deutsches Baugewerbe) sagte, mit der Verfügbarmachung von Konjunkturstatistiken über Baubeginne, Meldungen zu Baufertigstellungen in dichteren Intervallen sowie den geplanten Auswertungen zum Sozialen Wohnungsbau würden relevante Datenlücken geschlossen. Gerade die gegenwärtige Krise im Wohnungsbau mache deutlich, wie zwingend eine zeitnahe Datenbasis sei. Statistiken seien kein Selbstzweck, sondern könnten als Entscheidungsgrundlage dienen.
Michael Hellwig (Zentraler Immobilien Ausschuss, ZIA) bezeichnete die Immobilienmarktinformationen in Deutschland insbesondere mit Blick auf Marktabdeckung und Verfügbarkeit verbesserungswürdig. Amtliche Immobilienmarktdaten gebe es deutschlandweit einheitlich nur mit beträchtlicher Zeitverzögerung. Mit Hilfe von monatlich vorliegenden Daten zu Baugenehmigungen, Baubeginnen und Baufertigstellungen könnten Datenlücken geschlossen und unterjährige Entwicklungen wahrnehmbar gemacht werden, lobte Hellwig das Vorhaben der Bundesregierung.
Auf Umsetzungsschwierigkeiten in den Statistischen Landesämtern wies Franziska Häring (Statistisches Landesamt Baden-Württemberg) hin. Die Modernisierung der Statistik werde unterstützt, aber die Digitalisierung sei noch längst nicht so weit fortgeschritten, als dass die zusätzlichen Merkmale und unterjährigen Erhebungen, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, ab 2025 ohne Mehraufwand erhoben werden könnten. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände warnte in ihrer schriftlich übermittelten Stellungnahme ebenfalls vor einem deutlich erhöhten Erfüllungsaufwand und erheblichen Kapazitätsproblemen für die Bauaufsichtsbehörden. Darauf hatte auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme hingewiesen. Der Gesetzentwurf setze eine Volldigitalisierung der Hochbaustatistikmeldungen voraus, „die jedoch in keiner Weise gegeben ist“, hatten die Länder argumentiert. Diese Bedenken wurden von Carsten Schumann vom Statistischen Bundesamt in seiner Stellungnahme nicht geteilt. Seiner Ansicht nach kann Deutschland 2026 in der Lage sein, die in unteren Bauaufsichtsbehörden vorliegenden Verwaltungsdaten in ausreichendem Umfang für statistische Auswertungen zu nutzen. Damit könnten dann wichtige Erkenntnislücken geschlossen werden.
Der Gesetzentwurf greife dem Entwurf einer europäischen Rechtsgrundlage mit einer entsprechenden Meldeverpflichtung vor, solle früher in Kraft treten als die EU-Regelung und gehe auch über die dort vorgesehenen Regelungen hinaus, kritisierte Adam Strzoda (Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes NRW) in seiner Stellungnahme. Strzoda empfahl, zunächst die geplante EU-Regelung abzuwarten.
Quelle: Deutscher Bundestag