Solo-Selbstständige sind flexibel, spezialisiert und innovationsfreudig. Doch eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt: 36 Prozent denken darüber nach, Deutschland zu verlassen; 27 Prozent wollen ihre Selbstständigkeit sogar wieder aufgeben – vor allem hoch qualifizierte IT-Spezialisten. Der Hauptgrund: zu viel Bürokratie.
Viele Unternehmen sind auf die Unterstützung von externen Fachkräften angewiesen: So helfen vor allem freiberufliche IT-Spezialisten dabei, die Digitalisierung in Unternehmen voranzutreiben. Wie eine neue IW-Umfrage unter 6.300 Selbstständigen und Freiberuflern zeigt, denkt aber mehr als ein Drittel der Solo-Selbstständigen über eine Abwanderung ins Ausland nach. Ein Grund dafür ist das aufwändige Statusfeststellungsverfahren, in dem geprüft wird, ob eine Person scheinselbstständig ist oder nicht. Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit gefährdet nicht nur die Verfügbarkeit wichtiger Fachkräfte, sondern auch die ohnehin rückläufige Selbstständigkeit in Deutschland.
Fast 60 Prozent der Selbstständigen, die ein Statusfeststellungsverfahren durchlaufen, geben an, dass sie wesentlich mehr Aufwand betreiben müssen, um neue Aufträge einzuholen; etwa ein Drittel verliert sogar Aufträge. Vor allem junge Selbstständige mit überdurchschnittlichem Gewinn und Geldreserven überlegen, ihre Selbstständigkeit aufzugeben oder ins Ausland zu gehen. Besonders stark betroffen sind junge, gut ausgebildete IT-Freelancer, deren Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob Selbstständige tatsächlich von einem Verfahren betroffen sind oder nicht. Das Statusfeststellungsverfahren entfaltet seine zerstörerische Wirkung auch dann, wenn es nur latent angedroht wird. „Die enorme Bürokratiebelastung und die damit einhergehende Rechtsunsicherheit stellen für viele Selbstständige eine erhebliche Hürde dar, ihre Tätigkeit in Deutschland fortzusetzen. Diese Entwicklung könnte insbesondere für die IT-Branche mit einem hohen Fachkräftebedarf gravierende Folgen haben und die Innovationsfähigkeit des Landes gefährden“, warnt IW-Direktor Michael Hüther. Bürokratie müsse dringend abgebaut werden, um die Attraktivität Deutschlands als Standort für hoch qualifizierte Fachkräfte zu erhalten und die Selbstständigkeit zu fördern.
Zur Methodik: Insgesamt haben zwischen dem 24. Juli und 18. September 2023 6.300 Selbständige an der Studie teilgenommen. Die Teilnehmer haben Fragen zu ihrer wirtschaftlichen Situation, ihrem unternehmerischen Handlungsspielraum, ihrer sozialen Absicherung und ihrem Verständnis von unternehmerischer Tätigkeit beantwortet. Die Erhebung wurde im Auftrag der Vereinigung der Bayrischen Wirtschaft e.V., des Verbandes der Gründer und Selbständigen Deutschland (VGSD) e.V. und des Bundesverbandes für Selbständige Wissensarbeit e.V. als Online-Befragung durchgeführt.
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.