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Ingenieuraus- und -weiterbildung



            Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt

            Garant für die Innovationsfähigkeit




           D      ie  Einschätzungen  des  Ins ti -  „Zwischen  1994  und  2014  ist  der  Engpassberufen  ausgeschrieben,  in
                                                                                  Berlin  sei  es  etwa  die  Hälfte.  „Die
                  tuts  für  Arbeitsmarkt-  und
                                               Einsatz  von  zwei  Robotern  pro  Be -
                  Be rufsforschung  (IAB)  in
            Nürn berg, des Instituts der deutschen  schäftigten  auf  acht  angestiegen“,  beruflich Qualifizierten sind der größ-
                                               berichtete  die  Arbeitsmarktexpertin,
                                                                                  te Engpass am Arbeitsmarkt, gefolgt
            Wirtschaft  Köln  e.V.  (IW)  sowie  des  gab aber auch zu bedenken, dass die  von den Spezialisten und dann kom-
            Lehrstuhls für Soziologie an der Fried -  Beschäftigung  insgesamt  stabil  ge -  men  erst  die  Akademiker“,  betonte
            rich-Alexander-Universität  Erlangen-  blieben  sei  und  es  keine  negativen  Werner. Hinsichtlich der Ausbildungs -
            Nürnberg  (FAU)  waren  Thema  einer  Beschäftigungseffekte  gegeben  ha -  angebote  könne  festgestellt  werden,
            öffentlichen Anhörung im Bundestag  be.  Verluste  seien  etwa  im  Banken -  dass  diese  in  Engpassberufen  gestie-
            vor der Enquete-Kommission „Beruf -  sektor  und  in  der  metallverarbeiten-  gen  seien,  allerdings  müsse  die
            liche Bildung in der digitalen Arbeits -  den In dus trie festzustellen in den ver-  Berufsorientierung  noch  besser  wer-
            welt“. Die externen Sachverständigen  gangenen  fünf  Jahren.  Gewinne  den,  weil  viele  Angebote  nicht  die
            sprachen  in  der  7.  Sitzung  des  Gre -  haben  man  bei  Helfertätigkeiten  in  seien,  die  von  jungen  Menschen
            miums über bisherige Veränderungen  der  Lager wirt schaft  sowie  bei  Fach -  nachgefragt  würden.  Insgesamt  sei
            in der Arbeitswelt und beruflichen Bil -  kräften  in  der  Kinderbetreuung  ver-  die  Digitalisierung  aber  ein  starker
            dung. „Wir wollen sowohl einen Blick  zeichnen  können.  Dem  Verlust  von  Treiber  für  die  Weiterbildung,  sagte
            zurückwerfen, aber auch fragen, wel-  insgesamt  vier  Millionen  Arbeits -  Werner:  „Wir  sehen,  dass  sich  zwei
            che Schlussfolgerungen für kommen-  plätzen stehe ein Zu wachs von etwa  Drittel  der  Unternehmen  mit  Digita -
            de  Entwicklungen  gezogen  werden  3,3 Millionen gegenüber – bei einem  lisierung in der Ausbildung beschäfti-
            können.  Das  ist  relevant  für  unseren  gesteigerten   Quali fikationsniveau  gen,  ein  Drittel  jedoch  nicht.  Das  ist
            Abschlussbericht“,  sagte  der  Vorsit -  und  steigenden  An forderungen.  Mit  ein  vergleichsweise  hoher  Wert“,
            zende der Kommission, Stefan Kauf -  Blick  auf  die  Aus bildung  sei  zu  be -  berichtete er und verwies weiter dar-
            mann (CDU).                        fürchten, dass ein Auseinanderdriften  auf,  kleinere  Unternehmen  nicht  mit
                                               zwischen  den  Aus zubildenden  im  Ausbildungsordnungen  abzuhängen,
            Keine negativen                    Hinblick auf digitales Wissen stattfin-  die sie nicht umsetzen könnten.
                                               den  könne,  wenn  die  Berufsschulen
            Beschäftigungseffekte
                                               nicht  zu  einem  zentralen  Ort  der  Digitalisierung gestalten
            Im  verarbeitenden  Gewerbe  habe  Wissensvermittlung  würden.  Insbe -
            man  für  das  Jahr  2016  festgestellt,  sondere überbetriebliche Ausbildung -  Sabine  Pfeiffer  (FAU  Erlangen-Nürn -
            dass ungefähr 54 Prozent der Tätig -  seinrichtungen  böten  Chancen  für  berg)  plädierte  dafür,  mehr  über  die
            keiten von Maschinen und Robotern  einen überregionalen und branchen-  Gestaltung  der  Digitalisierung  und
            erledigt werden können. Dies betref-  übergreifenden Dialog und Wissens -  weniger  über  Prognosen  von  Be -
            fe  21,5  Prozent  der  Beschäftigten,  transfer, sagte Matthes.      schäftigungseffekten  zu  reden.  „Für
            sagte  Britta  Matthes  (IAB)  in  der                                validere Aussagen ist eine andere For -
            Anhörung. Auch bei den Finanz- und                                    schung  ist  nötig  und  dafür  müssten
                                               Gravierender
            Versiche rungsdienstleistungen  finde                                 die  Ressourcen  der  Beschäftigten
                                               Fachkräfteengpass
            man  mit  48  Prozent  einen  ähnlich                                 noch stärker genutzt werden“, beton-
            hohen  Anteil,  dort  betreffe  es  aller-  Dirk  Werner  (IW)  verwies  auf  große  te sie. Man gehe derzeit von einer dis-
            dings  relativ  wenige  Beschäftigte.  Unterschiede  in  den  Branchen  und  ruptiveren Entwicklung aus als in den
            „Im  Gegen satz  dazu  findet  sich  im  Berufsgruppen insbesondere was den  vergangenen  Jahrzehnten.  Bisherige
            Gesundheits-  und  Sozialwesen  mit  Aufbau von Beschäftigung angehe: In  Digitalisierungs-Schübe  hätten  aller-
            5,4 Prozent ein relativ geringer Wert.  der  Digitalisierung  komme  man  des-  dings begrenzt gewirkt und die zeit-
            Der  betrifft  aller dings  14,2  Prozent  halb nicht weiter, weil es einen gravie-  lichen  Effekten  seien  nicht  bekannt,
            der   Beschäf tigten“,   berichtete  renden  Fachkräfteengpass  gebe,  be -  sagte die Soziologin. „Plausibel ist le -
            Matthes  weiter.  Fast  50  Prozent  der  richtete  er.  „Am  IW  haben  wir  eine  diglich,  dass  Technik  selten  eins  zu
            Betriebe  nutzen  zwar  digitale   Engpassquote entwickelt, die gezeigt  eins Berufe und Tätigkeiten ersetzt“,
            Technologien, dabei falle jedoch auf,  hat, dass die Realitäten regional sehr  sagte  Pfeiffer.  Eine  Reorganisation
            dass  sich  kleinere  Be triebe  häufig  heterogen sind“, sagte Werner. Mehr  sowie eine additive Anreicherung von
            weniger  stark  mit  diesen  ausein-  als  85  Prozent  der  Stellen  in  Baden-  Tätigkeiten  seien  hingegen  wahr-
            andergesetzt haben.                Württemberg  würden  demnach  in   scheinlich.


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