Page 3 - ZBI-Nachrichten 1-2021
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Leitartikel
Der Ingenieurmangel ist ein strukturelles Problem
Von Wilfried Grunau, Präsident des ZBI
S ie sind die MacGyvers unserer Wirtschaft zahlreiche Stellen nicht der Politik steuernde Rahmenbe -
dingungen dringend erforderlich
besetzen. Für den mittel- und langfris -
Zeit: Ingenieurinnen und Inge -
nieure. Wer sich für eine Zu -
stoßende strategieorientierte gesell-
ein kaum lösbares Problem. Gerade
kunft in dieser Berufsgruppe entschei- tigen Erfolg der Unternehmen ist das macht. Der in diesem Kontext anzu-
det, hat, um es einmal sehr plakativ die innovativsten Branchen benöti- schaftliche Diskurs betrifft viele
auszudrücken, Chancen ohne Ende. gen, insbesondere auch mit Blick auf Themenbereiche, angefangen bei der
Dies gilt für fast jeden Bereich, sei es den globalen Wettbewerb, qualifizier- Bildungspolitik – Stichwort: verbind-
im Bauwesen, in der Automatisie - ten technischen Sachverstand. Laut licher Technikunterricht in Schulen –
rungs technik, der Energietechnik, der jüngsten OECD-Studie „Bildung bis hin zur Wirtschafts- und Sozial -
oder auch im Business Continuity auf einen Blick 2019“ entscheiden politik, beispielsweise Zuwanderung
Management. Letzteres kommt wahr- sich immer noch weniger als 15 Pro - ausländischer Fachkräfte, um nur
scheinlich dem MacGyver-Image am zent der Anfänger in Bachelorstudien - zwei Komplexe zu nennen.
nächsten, geht es doch darum, als
Notfallmanager in Krisensituationen –
wie beispielsweise einer Pandemie
oder technischen Unglücksfällen –
dafür zu sorgen, dass die Hand -
lungsfähigkeit der Einrichtung oder
des Betriebes erhalten bleibt.
Warum aber gibt es dann immer noch
einen eklatanten Fachkräftemangel
im Ingenieurbereich? Schreckt die
Mathematik im Studium? Und wenn
ja, wo sind wir dann in der Bildung
falsch abgebogen? Jedes Kind spielt
doch gerne mit Lego, einem Spiel -
zeug, das technisches Verständnis
und Kreativität fördert. Die Voraus -
setzungen erscheinen also doch
eigentlich recht gut. Und dennoch: Dipl.-Ing. Wilfried Grunau ist Geodät und seit 1993 Präsident des Verbandes Deutscher
trotz zahlreicher Maßnahmen, ange- Vermessungsingenieure (VDV). Seit 2014 ist er zugleich Präsident des Zentralverbandes der
Ingenieurvereine (ZBI). Für sein Engagement wurde er 2011 mit dem Bundesverdienstkreuz
fangen bei MINT-Initiativen in Kinder -
ausgezeichnet.
gärten und Schulen, über Recruiting-
und Karrieremessen, bis hin zu groß
gängen für das Ingenieurwesen und In den vergangenen Monaten war
angelegten Markenkampagnen ist
weniger als 5 Prozent für Informatik infolge der Corona-Pandemie viel
der Ingenieurmangel allenthalben
und Kommunikationstechnologien – über systemrelevante Berufe zu lesen.
spürbar, sind die Studiengänge im
obwohl diese Fächergruppen am häu- Ingenieurinnen und Ingenieure wur-
Ingenieurwesen meist nicht ausgela-
figsten mit technologischem Fort - den in diesem Zusammenhang kaum
stet. Und das, obwohl sich Inge -
schritt assoziiert werden und die genannt. Sie gehören meines Er -
nieurin nen und Ingenieure mit den
besten Arbeitsmarktchancen bieten. achtens aber definitiv dazu, denn
Megathemen unserer Zeit befassen,
Die vielen von den Ingenieur ver - ohne ihre Expertise gibt es keine
wie Klima und Umwelt, Digitalisie -
bänden, Kammern und Unternehmen Lösung der anstehenden Zukunfts -
rung und Künstliche Intelligenz.
initiierten Nachwuchskampagnen probleme, meint Ihr
Deutschland ist eine Industrienation, sind deshalb zwar wichtige und richti-
Wilfried Grunau
die maßgeblich auf der Leistung von ge Schritte zur Lösung dieses Pro -
Ingenieurinnen und Ingenieuren blems, allein, es ist, beispielsweise vor
beruht. Das gilt es mindestens zu dem Hintergrund des demographi- www.
erhalten, besser noch auszubauen. schen Wandels, zusätzlich ein struktu- ZBI-Berlin.de
Aber: schon jetzt kann die deutsche relles Problem, das somit auch seitens
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