Page 3 - ZBI-Nachrichten 3-4-2021
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Leitartikel
New Work: Paradigmenwechel oder flexibler Pragmatismus?
Von Wilfried Grunau, Präsident des ZBI
E ine der größten Veränderun - Arbeiten dabei helfen kann. Und wel- und Ingenieure aus? Die typische
che Ziele haben Unternehmen im
Antwort: das kommt ganz darauf an.
gen der aktuellen Zeit betrifft
unter anderem die Art und
und neueste Technik stehen bereits
Weise, wie Menschen ihre Arbeit Allgemeinen? Meist möchten sie pro- hochmoderne Produktionsverfahren
duktiver, effizienter, kundenfreund-
künftig verrichten wollen. Die Pan - licher oder innovativer werden oder für ein völlig anderes Arbeiten als
demie war hier sicherlich ein Kata - gleich alles zusammen. Und dafür noch vor einigen Jahren. Aber was ist
lysator, ein Beschleuniger von Ent - braucht es motivierte Mitarbeitende, beispielsweise mit dem klassischen
wicklungen, die bereits im Gange die ihr Potenzial entfalten können, öffentlichen Dienst? Fakt ist: Die
waren. Aktuell geht der Trend hin zu indem sie neue Wege finden, Kun - Digitalisierung und Flexibilisierung
so genannten hybriden Arbeitsmo - denbedarfe besser zu verstehen, oder haben unsere Arbeitswelt auch hier
dellen – also einem Mix aus Arbeiten auch Standardarbeiten schneller zu bereits enorm verändert. Prozesse, die
im Büro und im Homeoffice. Mitarbei - erledigen. früher mit viel Aufwand verbunden
ter und Teams wollen bzw. müssen
heutzutage flexibel sein in der Zusam -
menarbeit sowie der Gestaltung ihres
Arbeitstages und fordern dies auch
immer mehr ein.
New Work
New Work ist in diesem Kontext eines
der alles beherrschenden Schlag -
wörter. Arbeitgeber, die auf der Suche
nach Talenten sind, wissen, dass sie
durch das Angebot von Flexibilität für
potenzielle Mitarbeiter attraktiver
werden können. Und vor dem Hinter -
grund des Fachkräftemangels und
dem damit verbundenen Wettbewerb
Dipl.-Ing. Wilfried Grunau ist Geodät und seit 1993 Präsident des Verbandes Deut scher
um die besten Talente ist das sicher-
Vermessungsingenieure (VDV). Seit 2014 ist er zugleich Präsident des Zentral verbandes der
lich ein wesentlicher Benefit, der die
Ingenieurvereine (ZBI). Für sein Engagement wurde er 2011 mit dem Bundesverdienstkreuz
Attraktivität eines Arbeitgebers maß- ausgezeichnet.
geblich mitbestimmt. Die Herausfor -
de rung lautet also, hybride Arbeits -
Will also ein Unternehmen den waren, laufen nun automatisch. Die
modelle zu finden, die Sinn machen.
Arbeitserfolg über den Arbeitsort Vernetzung der Mitarbeiter ist erheb-
optimieren, so macht es keinen Sinn, lich einfacher, standortübergreifende
Paradigmenwechsel ganz bürokratisch eine pauschale Zusammenarbeit auch kein Problem.
Regelung festzulegen. Und natürlich Was die Arbeitsumgebungen in Un -
Und genau da liegt das Problem,
gibt es auch Studien, die ein solches ter nehmen und Behörden selbst an -
denn viele Manager – und übrigens
Vorgehen bestätigen. Die Varianz an geht, wird sich das Arbeiten also ver-
auch Personalräte – sehen überwie-
Arbeitsorten, Arbeits modi und Per - ändern, die Frage ist nur noch, in wel-
gend nur zwei Variablen: Tage im
sön lichkeitstypen eröffnet für Unter - chem Maße und in welchem Tempo.
Homeoffice sowie Tage im Büro. Also
nehmen, Führungskräfte und Teams Hier ist in einigen Fällen sicherlich
lautet die meistgestellte Frage dann
ganz neue Hebel zur Selbst orga ni - noch Luft nach oben.
auch fast immer: „Wie viele Tage sol-
sation, Potenzialent fal tung und Leis -
len die Mitarbeiter ins Büro kom- Die Ingenieurinnen und Ingenieure ge -
tungssteigerung, die in der Ver gan -
men?“ Genau das aber ist die falsche hören eindeutig zu den Berufs grup -
Frage. Richtiger wäre es, die Frage zu genheit nur selten eine Rolle spielten. pen, die in hohem Maße darauf abzie-
stellen, welche Ziele das Unterneh - So weit, so gut. Und wie sieht das len, Neues zu schaffen und Inno va -
men erreichen will und wie hybrides nun im Bereich der Ingenieurinnen tionen hervorzubringen. Typischer wei -
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